Die DGAZ stellt sich vor
Im Jahr 1990 initiierte Dr. Klaus-Peter Wefers, damals Oberarzt an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Universität Gießen, die Gründung des Arbeitskreises für Gerostomatologie e. V. (AKG) als gemeinnützigen Verein. Auf der Gründungsversammlung von Wissenschaftlern diverser Universitäten sowie Delegierten mehrerer Zahnärztekammern und Gesundheitsämter wurde Dr. Wefers zum 1. Vorsitzenden gewählt, an seiner Seite waren Prof. Dr. Eveline Meyer (Zahnklinik Nord, Berlin, 2. Vorsitzende), Dr. Egon Banger (Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, Schriftführer) sowie Dr. Ina Nitschke (Zahnklinik Nord, Berlin, Schatzmeisterin). Die Aufgaben des AKG wurden in der Förderung der gerostomatologischen Forschung, der Vertretung, Vermittlung und Verbreitung einschlägiger Forschungsergebnisse im In- und Ausland, der Förderung der zahnärztlichen Fortbildung auf dem Gebiet der Gerostomatologie und der Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Vereinigungen, Arbeitsgemeinschaften und Gesellschaften des In- und Auslandes festgelegt. Über die Jahre wurden Projekt- und Regionalgruppen gebildet und die enge Zusammenarbeit mit diversen Körperschaften und Vereinigungen gesucht. Jahrestagungen fanden oft in zeitlicher und räumlicher Nähe zur Koordinierungskonferenz der Referenten für Alterszahnheilkunde der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) statt. International wurde der AKG durch das European College of Gerodontology (ECG) als die Partnergesellschaft in Deutschland anerkannt.
Meilensteine
Am 11. September 2000 assoziierte der Arbeitskreis für Gerostomatologie e.V. mit der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Deren damaliger Präsident, Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, unterstrich durch diesen Schritt die Bedeutung der Gerostomatologie sowohl in wissenschaftlicher als auch berufspolitischer Hinsicht. 2002 wurde unter Mitwirkung des AKG der Dachverband der Gerontologischen und Geriatrischen Gesellschaften Deutschlands (DVGG) gegründet. Dies entsprang dem Wunsch nach einer Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit der Fachleute auf dem Gebiet der Alternsforschung, der Verbesserung des Dialogs mit der Politik und einer machtvolleren Vertretung der Anliegen älterer Menschen in der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund war der AKG bereits 1996 auch als Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) beigetreten.
2006: Die Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin entsteht
Als Ausdruck gestiegener Mitgliederzahlen und seiner bundesweiten Präsenz gab sich der AKG 2006 einen neuen Namen: Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin e. V. (DGAZ). Die DGAZ ist durch Freistellungsbescheid vom Finanzamt von der Körperschafts- und der Gewerbesteuer befreit. Sie ist berechtigt, für Spenden, die ihr zur Verwendung für satzungsgemäße Zwecke zufließen, Zuwendungsbestätigungen nach amtlich vorgegebenem Vordruck auszustellen.
2008: Einführung von Zertifizierungen
Die DGAZ bietet neben einzelnen bundesweiten Fortbildungsveranstaltungen zusammen mit der Akademie Praxis und Wissenschaft ein strukturiertes Curriculum zur Fortbildung an. Die qualifiziert fortgebildeten Zahnärzte können sich in einem Prüfungsverfahren anschließend zum Spezialisten bzw. zur Spezialistin für Seniorenzahnmedizin zertifizieren lassen. Die Seniorenzahnmedizin lässt sich in der Praxis durch klare Strukturen mit dem Team erfolgreich umsetzen. Dass eine Praxis bzw. eine Klinik derartige Strukturen aufweist, kann von der DGAZ mit dem Siegel Seniorengerechte Praxis bzw. Seniorengerechte Klinik bestätigt werden.
2010: Kooperation mit dem Arbeitskreis für Ethik in der Zahnmedizin
Am 19. März 2010 konstituierte sich auf Veranlassung der Deutschen Gesellschaft für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde der Arbeitskreis Ethik. Ältere Menschen mit und ohne Pflegebedarf gehören auch zu den vulnerablen Patientengruppen in der Zahnmedizin, sodass es ein gemeinsames Interesse mit diesem Arbeitskreis gibt. Die DGAZ kooperiert deshalb mit dem Arbeitskreis Ethik und ist durch ihre Präsidentin dort im Vorstand vertreten.
Förderung der wissenschaftlichen Seniorenzahnmedizin
Satzungsgemäß fördert die DGAZ die wissenschaftliche Arbeit zur Seniorenzahnmedizin in vielfältiger Weise. So initiieren Mitglieder der DGAZ u.a. wissenschaftliche Studien und/oder beteiligen sich daran mit dem Ziel, die Versorgung von Senioren zu verbessern. Beispielhaft sei die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) genannt, bei der die Erhebung erstmals auf die Gruppe der Hochbetagten ausgedehnt wurde. In der bundesweiten epidemio-logischen Studie konnte klar gezeigt werden, dass die Zahnlosigkeit bei Senioren sinkt, viele Ältere von einer Erkrankung des Zahnhalteapparates betroffen sind und dass Menschen mit Pflegebedarf eine schlechtere Mundgesundheit aufweisen als Menschen ohne Pflegedarf.
Zur satzungsgemäßen Förderung der wissenschaftlichen Alterszahnmedizin hat die DGAZ zunächst in Zusammenarbeit mit der bend-a-med Forschung einen GERO-Forschungspreis und später mit der Dentsply De Trey GmbH das „Dentsply eXtra Care Stipendium – Mundmedizin im Alter“ viele Jahre verliehen. Heute gibt es die Ausschreibung des „Deutschen Preises für Seniorenzahnmedizin“. Zudem wird der beste wissenschaftliche Vortrag bei jeder Jahrestagung prämiert.
Förderung der Lehre im Fach Seniorenzahnmedizin
Der DGAZ liegt sehr am Herzen, Studenten auf die Besonderheiten der zahnmedizinischen Betreuung und Behandlung älterer Menschen und deren spezielle Erfordernisse aufmerksam zu machen und die angehenden Zahnärzte mit speziellen Mitteln und Methoden vertraut zu machen. In Deutschland gibt es keinen Lehrstuhl für Seniorenzahnmedizin, und das Fach Seniorenzahnmedizin wurde bis zur Einführung der neuen Approbationsordnung zum Wintersendester 2021/22 nur an wenigen Universitäten gelehrt. Die DGAZ hatte zuvor ihre Ausbildungsthemen in den Nationalen Lernzielkatalog Zahnmedizin eingebracht. Seit 2018 organisiert sie regelmäßig einen „Tag der Lehre“ als Treffpunkt für Mitarbeiter an universitären Ausbildungsstätten. Hier wurde u.a. ein einsemestriger Muster-Vorlesungsplan verabschiedet. Darüber hinaus wurden verschiedene praktische Ausbildungsmodule beschrieben und bereits an vereinzelten Hochschulen, wo DGAZ-Mitglieder tätig sind, eingeführt.
Förderung der zahnmedizinischen Versorgung
Um die Zahnärzte und älteren Menschen vor Ort direkter unterstützen zu können hat die DGAZ Landesbeauftragte in den Bundesländern benannt. Darüber hinaus unterstützen unsere Mitglieder seit vielen Jahren die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) durch Vorträge und einen Informationsstand auf dem Deutschen Seniorentag.
Multidisziplinäre SeniorenzahnMedizin
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte 1989 die „Geriatrisierung der medizinischen Disziplinen“ durch Aus-, Fort- und Weiterbildung. Seitdem richtet sich der gesellschaftliche Fokus immer mehr auf den dritten, vierten und fünften Lebensabschnitt. Das Erreichen des Rentenalters wird von vielen Senior nicht mehr als „Anfang vom Ende“ aufgefasst, sondern als Befreiung von der Alltagspflicht gesehen und als Chance, sich das weitere Leben bei guter Gesundheit möglichst angenehm zu gestalten. Das Hinauszögern einer instabilen Lebensphase ist dabei nicht nur für die alten Menschen leidensmindernd, sondern liegt auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse, sind doch die Sozialversicherungssysteme bereits heute bis an die Grenzen belastet.
Es ist allgemein bekannt, dass die Zahnmedizin bei Kindern und Jugendlichen große Präventionserfolge erzielt hat. In einer folgerichtigen Weiterführung dieser Konzepte möchte die Seniorenzahnmedizin Mundgesundheit und Funktion auch im hohen Alter erhalten. Nicht allein für die Ernährung, sondern auch für die Sicherung der Lebensqualität ist es wichtig, dass die Kaufunktion erhalten bleibt und dass der Phonetik und Ästhetik auch bei Senioren Beachtung zuteilwird.
Fortschritte in der Prophylaxe, der restaurativen Zahnmedizin, der Parodontologie, der Implantologie sowie der Zahntechnik haben dazu geführt, dass sich das Profil des zahnärztlichen Versorgungsbedarfs im Alter zunehmend ändert: die Zahnsubstanz bleibt über einen langen Zeitraum erhalten; Abrasionen, Erosionen, Rezessionen sowie keilförmige Defekte und bei unzureichender Pflege auch Karies und Parodontopathien bestimmen zunehmend das klinische Erscheinungsbild. Der Verlust der natürlichen Zähne tritt – wenn überhaupt – erst im späten Lebensalter auf. Damit wird der erste abnehmbare Zahnersatz immer öfter in einem Alter eingegliedert, in dem bereits mit einer verminderten Adaptationsfähigkeit zu rechnen ist.
Zum Erreichen eines gesunden Alterns müssen viele Berufsgruppen, darunter auch die Zahnmediziner, zusammenarbeiten. Wichtige neue Aufgaben kommen dabei der Prävention zu. Auch die zahnmedizinische Betreuung erhält eine neue Dimension, vor allem im Auf- und Ausbau von Versorgungsstrukturen in der aufsuchenden Betreuung. Denn trotz aller Bemühungen werden mehr und mehr ältere Menschen auf Hilfe- und Pflegeleistungen in diesem Bereich angewiesen sein. Bei oft nachlassendem Sehvermögen, Geruchssinn und eingeschränkten manuellen Fähigkeiten gewinnt die Mund- und Prothesenhygiene im Alter zunehmend an Bedeutung. Dementsprechend sind spezifische Schulungen für die Betroffenen sowie für das Pflegepersonal bzw. pflegende Angehörige erforderlich. Auch behandlungsrelevante rechtliche Fragen sind mit den Verantwortlichen von Pflegeeinrichtungen, Bezugspersonen und Betreuern zu klären. „Public Health Management“ ist gefragt, um auch die institutionalisiert lebenden Patienten einer zahnmedizinischen Betreuung zuzuführen. Eine gute Kommunikation zwischen den medizinischen und pflegerischen Disziplinen hilft bei zunehmender Polymorbidität im höheren Alter eine unnötige Polymedikation mit ihren Nebenwirkungen zu vermeiden.
Amtierender Vorstand
Der derzeitige Vorstand, bestehend aus Prof. Dr. Ina Nitschke, MPH (Präsidentin), Prof. Dr. Christoph Benz (Vizepräsident), Dominic Jäger (Schriftführer) und Dr. Dirk Bleiel (Schatzmeister), wird die Ziele der DGAZ in enger Verbundenheit mit der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, sowie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) weiterverfolgen und im guter Kooperation mit den zahnärztlichen Vertretern der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung.