Hintergrund
Die zahnärztliche Behandlung des alten und sehr alten Patienten ist naturgemäss mit der Anfertigung und Eingliederung von Zahnersatz verbunden und seit jeher fester Bestandteil der zahnärztlichen Prothetik. Die Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie bestätigt, dass beispielsweise der Anteil der Zahnlosen im Alter von 65-74 Jahren in Deutschland 22,6% beträgt.
Durchschnittlich fehlen dem älteren Menschen 14,2 Zähne, so dass ohne Zahnersatz keine funktions- und kaustabile Gebißsituation gegeben ist. Fortschritte in der Prophylaxe, der restaurativen Zahnheilkunde einschliesslich der Parodontologie, der Implantologie sowie der Zahntechnik haben jedoch dazu geführt, dass sich das Profil des zahnärztlichen Versorgungsbedarfs im Alter zunehmend ändert: die Zahnsubstanz bleibt über einen längeren Zeitraum erhalten; Abrasionen, Erosionen, Rezessionen sowie keilförmige Defekte und Wurzelkaries bestimmen zunehmend das klinische Erscheinungsbild.
Der letztendliche Verlust der Zähne tritt in in der Regel erst in einem späteren Lebensabschnitt ein. Gleichzeitig wird der erste herausnehmbare Zahnersatz immer öfter in einem Alter eingegliedert, in dem bereits mit einer verminderten Adaptationsfähigkeit zu rechnen ist.
Die demographischen Daten sagen für die kommenden 25 Jahre eine überproportionale Zunahme des Anteiles der Bevölkerung über 65 Jahren voraus. Die mittlere Lebenserwartung ist im Verlauf von etwa 9 Jahrzehnten bei den Männern von 45 auf 74, d.h. um 29 Jahre, bei den Frauen von 48 auf 80, d.h um 32 Jahre gestiegen. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Damit erhält die zahnärztliche Betreuung dieser Patientengruppe eine neue Dimension. Mehr und mehr alte Menschen werden in Alten- und Pflegeheimen leben.
Bei oft nachlassendem Sehvermögen, Geruchssinn und eingeschränkten manuellen Fähigkeiten gewinnt die Mund- und Prothesenhygiene zunehmend an Bedeutung; entsprechend sind diesbezügliche Schulungen für das Pflegepersonal erforderlich. Auch sind behandlungsrelevante rechtliche Fragen mit den Heimen und Betreuern zu klären. “Public Health Management” ist gefragt, um auch die institutionalisiert lebenden Patienten einer zahnärztlichen Betreuung zuzuführen. Dabei steht die im Alter oft nachlassende Motivation zu einer zahnärztlichen Behandlung häufig im krassen Widerspruch zum objektiven Behandlungsbedarf.